Sprache ist eine genetischen Anlage und wird schrittweise, in einer bestimmten Reihenfolge erlernt. Was sollte ein Kind wann sprechen können?
Nicht alle Kinder entwickeln sich gleich, aber es gibt doch eine Richtlinie an die sich die physiologische, also die „richtige“, Sprachentwicklung halten kann.
0 – 6 Monate:
Die erste Möglichkeit für ein Baby zu kommunizieren ist die Stimme. Das Baby weint. Und es weint unterschiedlich. Eltern erkennen die Unterschiede, Gott sei Dank, und muntern es auf, füttern es, legen es trocken, wiegen es oder trösten es. So lernt das Baby, dass es damit etwas auslöst. Der erste Schritt in der Kommunikation ist getan.
In weiterer Folge wird seine Kommunikation differenzierter. Es gurrt, juchzt, quietscht und brabbelt und startet nebenbei das erste wichtige Training der Artikulationsorgane! Die Lippen, Zunge, Wangen und das Kiefer werden aktiviert.
6 – 10 Monate:
Das Kleinkind lallt nun Silben: babababa, bebebebebe, dadada, … aus Freude an der eigenen Lautproduktion und experimentiert mit seiner Lippen- und Mundmuskulatur. Dies ist auch die Phase, wo Eltern oder andere Bezugspersonen ebenso in diese Sprache verfallen und mit dem Kind in erste Dialoge treten. Sie verstärken und fördern damit seine Sprachproduktion .
Zu dieser Sprachproduktion kommt auch langsam ein Sprachverständnis dazu: Wird ein Gegenstand benannt, sucht das Kind mittels Kopfdrehung nach diesem.
WICHTIG:
Sollte das Kind mit seinem Brabbeln aufhören, kann das ein Zeichen für eine Hörverminderung sein! Sprechen wird über das Gehör mittels Nachahmen gelernt. Wenn ein Kind sich nicht (gut) hört, erhält es kein Feed Back von seiner Sprachproduktion und stellt diese ein. In diesem Fall: Unverzüglich einen Hörtest vereinbaren!! Hörtests sind in jedem Alter möglich und sei das Baby noch so jung.
10 – 12 Monate:
Neben der geistigen Entwicklung hat das Kleinkind auch schon eine motorische Entwicklung durchgemacht: es ist vom Liegen zum Rollen, zum Kriechen und Robben, zum Krabbeln, Sitzen und Aufstehen und vielleicht auch schon zum Gehen gekommen. Durch diese enorm wichtige Bewegungsentwicklung wurden seine beiden Gehirnhälften zusammengeschaltet und haben die Entwicklung des Denkens und Sprechens möglich gemacht. Seit meiner Ausbildung habe ich den Satz: „ Motorische Entwicklung ist gleich Sprachentwicklung“ verinnerlicht. Und dieser stimmt unumstößlich.
Sprachlich liebt es das Kind zu brabbeln. Von morgens bis abends führt es sogenannte Lallmonologe: gaidaidama gadagai…
Aber es verwendet auch die ersten konstanten Wörter (Mama, Papa, …) und reagiert auf seinen Namen. Einfache Aufträge wie „gib mir…!“ können ausgeführt werden und es erweitert seinen aktiven Wortschatz auf Personen, Tiere und Gegenstände aus seiner nächsten Umgebung: Wawa, Auto, Lasche,……
12 – 18 Monate:
Langsam baut das Kind einen immer größeren Wortschatz auf. Dieses Wissen eignet sich das Kind durch Handeln und Spielen an. Es äußert sich in Einwortsätzen: Mama, haben, da,…. die durch unterschiedliche Intonation zu einer Frage, einer Feststellung, einer Bitte oder einer Antwort werden.
18 Monate – 2 Jahre:
Der aktive Wortschatz umfasst jetzt zirka 20 – 50 Wörter. In der Satzbildung fügt das Kind zwei oder mehrere Wörter zu Äußerungen zusammen: Papa da, Auto hat Aua,…
Das erste Fragealter beginnt mit der Frage: Wo? Diese Frage führt zum Zeigen und Benennen verschiedener Gegenstände aber auch der Körperteile.
Rituale wie Grüßen, um etwas bitten und sich bedanken sind wichtige Umgangsformen in unserer Sprachkultur und können ab sofort in den Alltag integriert werden. Der passive Wortschatz des Kindes ist viel größer als der aktive. Das kennen auch Erwachsene, die eine Fremdsprache lernen: es wird zuerst viel mehr verstanden, als gesprochen werden kann.
Wenn Wörter noch nicht richtig artikuliert werden, dann ist es in diesem Alter noch physiologisch, das heißt naturgegeben. Buchstaben aus der dritten Artikulationszone wie G, K, werden manchmal durch Buchstaben aus vorderen Artikulationszonen wie T, L, ersetzt „Katze“ wird zu „Tate“, da sie in diesem Alter oft noch nicht gesprochen werden können. Verbindungen wie z. Bsp.: FL, TR, dürfen auch noch fehlen, da deren Bildung ein hochkomplexer feinmotorischer Vorgang ist.
2 – 2 ½ Jahre:
In diesem Alter lernt das Kind, das was es sieht, hört, riecht, schmeckt und fühlt miteinander zu verbinden. Es lernt zu denken, zu handeln, lernt sich selbst und die Umwelt kennen und seine Bedürfnisse sprachlich auszudrücken. Der Wortschatz nimmt zu und die Sprechlaute werden deutlicher.
2 ½ – 3 Jahre:
Durch die tägliche Kommunikation erfährt das Kind, wie Personen und Dinge mit dem Raum und der Zeit in Verbindung stehen. Es lernt die Kultur, in der es sich befindet zu verstehen und Farben, Größen und Beschaffenheit von Dingen, Tieren und Personen werden benannt.
3 – 4 Jahre:
Das Kind hat schon einen großen Wortschatz. Es spricht einfache Sätze, und auch längere Sätze wie: „Das Buch mit dem Mond, bitte lesen“. Das SCH oder R fehlen vielleicht noch, doch das ist in diesem Alter noch ganz normal.
Das zweite Fragealter hält Einzug mit der Frage: WARUM?
4 – 6 Jahre:
Eventuell auftretendes „ Entwicklungsstottern“, wie die physiologische Sprechunflüssigkeit in diesem Lebensalter umgangssprachlich genannt wird, sollte sich gelegt haben.
Das Kind erzählt Geschichten, es erzählt vom Kindergarten und drückt seine Gefühle verbal aus. Es kann seinen Vor -und Zunamen und seine Wohnadresse angeben.
Die Laute SCH und R sollten spätestens bis zum 4,5/5 Lebensjahr gebildet werden können und die Sprache des Kindes soll kindgerecht und verständlich sein!
Das Kind ist nun ein vollwertiges Mitglied seiner Sprechkultur, zum Dialog bereit.
Was tun, wenn Ihr Kind nicht in dieses Schema passt?
Sollte Ihnen auffallen, dass Ihr Kind aus dieser Leitlinie herausfällt, zögern Sie nicht eine Logopädin oder einen Logopäden aufzusuchen! Sie als Mutter oder Eltern kennen ihr Kind am besten. Je länger Sie die Befundung hinauszögern desto mehr wertvolle Zeit zur Behebung der Problematik lassen Sie verstreichen. Jedes Kind sollte bei Schuleintritt sprachlich gefestigt sein. Die größten Probleme bereiten uns Kinder, die kurz vor der Einschulung mit massiven sprachlichen Defiziten zur Therapie kommen. Auf der Website unseres Berufsverbandes logopädieaustria finden Sie sicherlich eine Kollegin/ einen Kollegen in Ihrer Umgebung, die/der Sie beraten kann. Sie können zwischen KassenlogopädInnen und WahllogopädInnen wählen. Suchen Sie jemanden, der auf Kindersprache spezialisiert ist. So ein Sprachcheck läuft spielerisch ab. Während die Logopädin/der Logopäde mit ihrem Kind spielt, eventuell schon beim ersten „Hallo“, achtet sie/er schon auf sprachliche Auffälligkeiten und kann so einen ersten Befund erheben.
Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben, können Sie sich gerne unter sanne@stria.at an mich wenden.