Sprechen funktioniert nicht ohne Stimme
Der Klang unserer Stimme macht unser Sprechen hörbar. Das weiß jede oder jeder, die/der schon einmal durch eine starke Verkühlung oder andere Gründe „ohne Stimme“ war. Versuchen Sie sich doch ohne Stimme am Telefon mitzuteilen. Eben. Ist sehr schwierig.
Dieser Blogbeitrag erklärt den Zusammenhang von Sprechen und Stimme und warum ich “ Ausgesprochen gut!“ verfasst habe.
Was passiert mit unserem Kehlkopf und daher mit unserer Stimme, wenn wir „nuscheln“?
Zunge und Kehlkopf hängen im wahrsten Sinn des Wortes zusammen, denn die oberste Spange unserer Luftröhre oberhalb des Kehlkopfes ist das Zungenbein. An diesem ist die Zunge fixiert. Drückt die Zunge zu stark Richtung Schneidezähne, übt sie einen stetigen Zug auf das Zungenbein aus und hebt es an. Und dieses zieht den Kehlkopf mit.
Ähnlich einem Schiff das vor Anker liegt, aber durch die Wellen und den Wind am Anker zieht und so die Position des Ankers doch stetig und fast unmerklich, ändert.
Ist die Zunge jedoch zu lasch oder immobil, fehlt der Stimme die kraftvolle Unterstützung der Zunge und die Stimmlippen müssen übermäßig viel mehr Arbeit verrichten.
Und das kann mit der Zeit auf die Stimmleistung gehen!
Besonders wenn Sie in einem Sprechberuf tätig sind oder lauter sprechen müssen, wie im Universitäts- oder Lehreralltag, als Verkäuferin/Verkäufer, vielleicht auch noch gegen Hintergrundmusik oder Manager und Coaches, um ein paar ausgewählte Berufe anzuführen. Auch Sängerinnen oder Schauspieler können davon betroffen sein.
Das heißt: bei jeder Stimmproblematik muss unbedingt auch die Sprechweise analysiert werden und wenn ein Sprechfehler vorliegt, dieser parallel zur Stimmtherapie, korrigiert werden.
Probieren Sie es doch aus!
Ich lasse Sie jetzt ein bisschen in den logopädischen Therapieablauf hinein schnuppern und möchte Ihnen am Beispiel des Lautes „L“ einen Überblick und einen kleinen Teil der weitreichenden Übungen veranschaulichen:
- Mit Hilfe der myofunktionellen Therapie* lernt die Zunge wieder die physiologisch richtigen Bewegungen. Dazu gehören unter anderen der richtige Schluckakt und die richtige Positionierung bei verschiedenen Lauten.
- Sobald der Patient/in weiß, wie und wo der Laut „L“ zu bilden ist, beginnen die eigentlichen geführten Sprechübungen: Wiederholtes Sprechen des zu übenden Lautes in Silben- und weiteren unterschiedlichen Kombinationen in der Sitzung um korrigierend eingreifen zu können und als „Hausübung“ um ihn weiter zu festigen.
Denn Sprechen lernt man durch Sprechen, wie Ingrid Amon so gerne zu sagen pflegt UND durch Wiederholungen.
Oftmaliges Wiederholen festigt die Position und den Sprechablauf des Lautes.
Damit das abwechslungsreich und intensiv geschehen kann, gibt es in „Ausgesprochen gut!“ alleine für den Laut „L“ zirka 380 Wörter zum Trainieren, sowie auf sieben weiteren Seiten Reihensprechübungen und Zungenbrecher!
Probieren Sie es doch einmal und sprechen Sie die folgenden Wörter mit dem Schwerpunkt „ L „
„L“ am Wortanfang: Lamm Lerche Lippe Leim Laub Loch Löwe Lupe Lücke lahm
„L“ in der Wortmitte: Maler Fehler Rille Eile Wolle Höhle Bulle Hülle
„L“ am Wortende: Ball Fell Kiel Beil Gaul Kohl Öl Kuppel Hügel
Oder möchten Sie gerne die Herausforderung eines Zungenbrechers probieren?
- Lilli liebt Lilien und lauscht der Lerche am Feld.
- In der Höhle brüllt der Bulle mit gewaltiger Leibesfülle.
- Der lila Ball rollt schnell über die Kuppel des Hügels und fehlt beim Spiel.
Sind sämtliche betroffenen Laute korrigiert und die Zunge liegt und bewegt sich in dem ihr vorgegebenen Raum, kann der Kehlkopf wieder in seine angestammte Position zurücksinken und seiner Arbeit unangestrengt nachkommen. Das heißt: die Stimmlippen können unbelastet schwingen.
Dass die logopädische Stimmtherapie parallel dazu verlaufen ist, habe ich eingangs schon erwähnt.
* das ist eine Therapieform, mit der fehlerhafte muskuläre Abläufe im Mundbereich korrigiert werden